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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.07.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 151/01
Rechtsgebiete: BVormVG, BGB
Vorschriften:
BVormVG § 1 Abs. 3 | |
BGB § 1836 |
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche
am 5. Juli 2001
in der Betreuungssache
auf die sofortige weitere Beschwerde der Betreuerin
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Traunstein vom 28. März 2001 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht bestellte ab 1.9.1999 für die Betroffene eine Rechtsanwältin zur Betreuerin, zuletzt mit dem Aufgabenkreis Gesundheits- und Vermögenssorge, Regelung von Aufenthaltsangelegenheiten und Vertretung gegenüber Dritten.
Mit Schreiben vom 26.5.2000 beantragte die Betreuerin, ihr für den Zeitraum vom 4.9.1999 bis 3.5.2000 unter anderem eine Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 200 DM zuzüglich Mehrwertsteuer festzusetzen. Dem entsprach das Amtsgericht antragsgemäß. Auf die sofortige Beschwerde des Verfahrenspflegers hat das Landgericht die Vergütung herabgesetzt, wobei es einen Stundensatz von 60 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zugrunde gelegt hat.
Hiergegen wendet sich die zugelassene weitere sofortige Beschwerde der Betreuerin.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere vom Landgericht zugelassen (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG). Es hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Stundensätze des § 1 BVormVG stellten auch bei vermögenden Betreuten Orientierungshilfen dar. Besondere Schwierigkeiten, die eine Überschreitung rechtfertigten, seien jedoch nicht ersichtlich. Zwar betreibe die Betreuerin für die Betroffene vor dem Familiengericht die Aufhebung der bestehenden Gütergemeinschaft. Dies sei jedoch in der Rechtspraxis nicht außergewöhnlich bzw. ungewöhnlich. Vielmehr seien die Anforderungen an die Betreuerin als Rechtsanwältin für diesen Bereich durch den abgerechneten Zeitaufwand hinreichend erfasst. Das gleiche gelte für das Vorbringen der Betreuerin, dass der Ehemann der Betroffenen die Durchführung der Betreuung erschwere und keine Auskunft über den Verbleib von Geldern gebe, sowie für die Klärung der Nahrungsaufnahme der Betroffenen. Hier werde jeweils der Aufwand hinlänglich durch die abgerechnete Zeit erfasst. Die Betreuerin könne sich schließlich nicht auf Vertrauensschutz für den höheren Stundensatz von 200 DM zuzüglich Mehrwertsteuer berufen. Die Änderung der Rechtsprechung stelle keine Gesetzesänderung dar, weshalb die Regel über den Schutz des Vertrauens auf Gesetze nicht unmittelbar zur Anwendung kämen. Existenzbedrohende Auswirkungen der neuen Vergütung habe die Betreuerin hier nicht geltend gemacht und seien auch nicht ersichtlich.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht in allen Punkten stand. Die Entscheidung erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig.
a) Der Berufsbetreuer hat gegen den Betreuten Anspruch auf Vergütung seiner Amtsführung (§ 1908 Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB).
Ist der Betreute nicht mittellos, bemisst sich die Vergütung zwar nicht zwingend nach den Stundensätzen des § 1 Abs. 1 BVormVG (vgl. BGH NJW 2000, 3709). Der vom Gesetzgeber in dieser Bestimmung getroffenen Regelung kommt insoweit jedoch Richtlinienfunktion zu. Die für den Fall der Inanspruchnahme der Staatskasse verbindlich festgelegten Stundensätze stellen im Regelfall auch für die von Betreuern vermögender Betreuter erbrachten Leistungen ein angemessenes Entgelt dar. Überschritten werden dürfen diese Stundensätze deshalb nur, wenn die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte dies im Einzelfall ausnahmsweise gebietet (vgl. BGH aaO). Die Zuerkennung eines höheren Stundensatzes setzt demnach voraus, dass die Anforderungen der konkreten Betreuung, etwa wegen des vom Betreuer geforderten außergewöhnlichen, durch den Zeitaufwand nicht abgegoltenen Engagements oder wegen anderer - gemessen an der Qualifikation des Betreuers - besonderer Schwierigkeiten im Abrechnungszeitraum über den Regelfall einer Betreuung mit entsprechendem Aufgabenkreis deutlich hinausgegangen sind und die Vergütung des Betreuers mit dem seiner Qualifikation nach § 1 Abs. 1 BVormVG entsprechenden Stundensatz zu der von ihm erbrachten gesteigerten Leistung in einem klaren Mißverhältnis stünde (vgl. BayObLGZ 2000, 316).
Für eine Übergangszeit ab dem Inkrafttreten der Neuregelung des Vergütungsrechts kann jedoch auch dem Berufsbetreuer eines nicht mittellosen Betroffenen im Rahmen der Bemessung des Stundensatzes ein Härteausgleich gewährt und über die Beträge des § 1 Abs. 1 BVormVG hinausgehende Stundensätze auch dann bewilligt werden, wenn dies mangels besonderer Schwierigkeit der Betreuung an sich nicht möglich wäre (BayObLGZ 2001 Nr. 26).
b) Die Bemessung des Stundensatzes obliegt dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 55; OLG Hamm FamRZ 1999, 1230/1231 f.; Bach Kostenregelungen für Betreuungspersonen 2. Aufl. Rn. E 3.4, E 3.9). Das Gericht der weiteren Beschwerde kann dessen Entscheidung nur auf Rechtsfehler überprüfen (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO). Ein solcher liegt vor, wenn das Tatgericht sich des ihm zustehenden Ermessens nicht bewusst war, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrundegelegt, gegen Denkgesetze verstoßen oder Erfahrungssätze nicht beachtet, von seinem Ermessen einen dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Gebrauch gemacht oder die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (vgl. BGH NJW 2000, 3709/3711; BayObLGZ 1998, 65/69 m.w.N.).
c) Im vorliegenden Fall ist die Ermessensausübung des Landgerichts nicht frei von Rechtsfehlern.
aa) Zwar hat die Kammer hinsichtlich der Schwierigkeit der Betreuung den entscheidungserheblichen Sachverhalt verfahrensfehlerfrei und damit für den Senat bindend festgestellt (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO). Ihre Begründung zur Höhe des Stundensatzes (ohne Härteausgleich) entspricht den dargestellten Grundsätzen und wird von der weiteren Beschwerde auch nicht angegriffen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 1835 Abs. 3 BGB der Betreuerin als Rechtsanwältin ermöglicht, bestimmte Tätigkeiten, hier insbesondere die Führung eines Rechtsstreits, als Aufwendungen abzurechnen und hierdurch ihre Einkünfte aus der Betreuung zu ergänzen (vgl. BVerfG BtPrax 2000, 120/122; 254/255).
bb) Die Erwägung des Beschwerdegerichts zur Zubilligung eines Härteausgleichs ist hingegen nicht frei von Rechtsfehlern, da es einen solchen für generell nicht gegeben ansieht und damit das ihm eingeräumte Ermessen nicht ausschöpft.
d) Dieser Rechtsfehler zwingt nicht zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, da der Senat ohne weitere Ermittlungen die erforderlichen Feststellungen aus den Akten treffen und in der Sache selbst entscheiden kann (BayObLG NJWE-FER 99, 151/152). Danach ist im vorliegenden Fall ein Härteausgleich nicht mehr geboten. Es ist nicht ersichtlich, dass die Betreuerin im Vertrauen auf die bisherigen Stundensätze besondere Aufwendungen getätigt hätte, die sich im jetzt abgerechneten Zeitraum auswirken. Die Betreuerin hat ihre vorliegende Tätigkeit erst nach Inkrafttreten der Neuregelung des Vergütungsrechts aufgenommen, wobei nicht sicher abzusehen war, ob die Betroffene mittellos ist oder nicht. Die Betreuerin musste daher bei ihrer Bestellung damit rechnen, dass ihre Vergütung nur im Rahmen von § 1 Abs. 1 BVormVG erfolgt. Sie hat sogar selbst für den vorliegenden Zeitraum zunächst mit Schreiben vom 11.5.2000 nur einen Stundensatz von 60 DM in Rechnung gestellt. Die Festsetzung der Vergütung auf dieser Grundlage erscheint daher nicht als so erheblicher .Eingriff in ihre Vermögensposition, dass die Anwendung der Härteklausel geboten wäre.
Ende der Entscheidung
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